Quintett vom RVG Hankensbüttel will einen Tag lang durchrudern – und gibt nach 19 Stunden auf / Neuer Anlauf im nächsten Jahr
Hankensbüttel. Le Mans gilt als Inbegriff der 24 Stunden-Rennen. Von dem 1923 erwachten PS-Pioniergeist haben sich auch fünf Ruder-Verrückte vom RVG Hankensbüttel anstecken lassen.
Sie unternahmen jüngst den Feld- respektive Wasserversuch, exakt einen Tag lang durchzurudern! Die Anstrengung schlug fehl. Doch der Ehrgeiz ist ungebremst.
Lioba Palenberg, Thorsten Lehmann, Sven Krüger, Lorenz Ernst und Heiko Ernst scheuten keine Schwielen an den Händen. Und hatten sich bestens präpariert: Das Boot wurde mit Beleuchtung ausgerüstet, die Verpflegung, Ersatzklamotten und warme Sachen für die Nacht wasserfest verstaut. „Alle fünf Kilometer wurde der Steuermann gewechselt, damit jeder mal ein bisschen Erholung hat. Diese wurde zu einem späteren Zeitpunkt immer wichtiger“, ließ Heiko Ernst durchblicken.
Nach drei Stunden, 21 Kilometern und viel Gegenwind erreichte das RVGH-Quintett die Schleuse in Uelzen. Dort wurden die Wagemutigen von ihrer Vereinskameradin Ulrike Böhm mit frischen Erdbeeren versorgt: Sie war zufällig mit dem Fahrrad in Uelzen zum Einkaufen unterwegs …
Ab in die Schleuse! In dem großen Bauwerk (190 Meter lang, 12,5 Meter breit) kamen sich die Hankensbütteler mit ihrem elf Meter langen Ruderboot „ziemlich verloren vor“, meinte Ernst. 23 Meter Höhenunterschied und weitere sechs Kilometer auf dem Elbe-Seiten-Kanal später legte die Crew beim Uelzener Ruderverein eine erste Pause ein.
Bei der Weiterfahrt setzte allmählich die Dämmerung ein. Die RVGHler ruderten in die Nacht hinein, der Mond ging auf. „Der Termin wurde extra auf ein Vollmond-Wochenende gelegt, damit wir nachts wenigsten ein bisschen was sehen“, erörterte Ernst. Vereinzelt saßen im Stockdunkeln auch Angler am Ufer, die vor lauter Schreck schnell ihre hell leuchtenden Posen einzogen und mit Taschenlampen leuchteten. „Um zu erkennen, was da um Himmels Willen mitten in der Nacht auf sie zukommt“, grinste Ernst. Die Hobby-Fischer konnten ja nicht ahnen, dass zu dieser Stunde ein paar verrückte Ruderer unterwegs sind …
Nach zwei kurzen Zwischenstops und vorbei an Partys mit lauter Musik in Ufernähe erreichten die Probanten nach weiteren 40 Kilometern gegen 5.30 Uhr am Morgen das Schiffshebewerk in Scharnebeck. Dort verzögerte sich die Schleusung durch die Berufsschifffahrt. Ernst: „Aber lieber warten, als das Boot zwei Kilometer über Land umzutragen.“ Schließlich ging es 38 Meter abwärts.
Die letzten acht Kilometer auf dem Elbe-Seiten-Kanal zogen sich dann etwas in die Länge. „Wir konnten nach 17 Stunden im Boot schon nicht mehr so richtig sitzen“, betonte Ernst. Auf der Elbe angekommen, war es vorbei mit dem ruhigen Wasser. Im Mündungsdelta überraschten sofort sehr hohe Wellen die Langzeit-Sportler. Ein Kentern wurde aber verhindert. Die Reststrecke bis nach Geesthacht verlangte der Mannschaft noch einmal alles ab. „Die Breite der Elbe, die starke Strömung und die hohen Wellen waren schon etwas anderes“, unterstrich Ernst.
Endlich angekommen, wurde der Kriegsrat einberufen. Sollte es weitergehen? Da nach der Schleuse in Geesthacht mit gegenläufigem Tidenstrom zu rechnen gewesen wäre, beschlossen die Ruderer, ihr Experiment nach 19 Stunden abzubrechen. „Bis dort zu kommen, war schon eine harte Nummer“, meinte Ernst. Insgesamt legten er und seine Mitstreiter 85 Kilometer zurück.
Arthur Ernst brachte die Ruderer mit dem Anhänger zurück in heimische Gefilde. Dort ließen sie die Fahrt Revue passieren und schmiedeten Pläne für das nächste Jahr. Ernst: „Dann vielleicht in die andere Richtung …“
Von Ingo Barrenscheen
Quelle: Isenhagener Kreisblatt, 7. August 2015